Offener Brief des Verband Wohneigentum zum GEG an Bundesministerin Geywitz und Bundesminister Habeck

Liebe Siedlerinnen, liebe Siedler,

wir der Verband Wohneigentum hat einen offenen Brief an Frau Bundesministerin Geywitz und Herrn Bundesminister Dr. Habeck verfasst, mit Bitte um Veröffentlichung.

Der Original Brief steht hier zur Verfügung.

Wohneigentümer ernstnehmen

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Geywitz,
sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Habeck,

der vorgelegte, mehrfach nachgebesserte Gesetzentwurf zur GEG-Novelle verunsichert
und verärgert viele Wohneigentümerinnen und -eigentümer. Viele Menschen
mit selbstgenutztem Wohneigentum sind sowohl mit den finanziellen Belastungen als
auch mit dem Tempo der politisch gewünschten Transformation im Gebäudesektor
dramatisch überfordert – und haben immer mehr den Eindruck, dass die gesamtgesellschaftliche
Aufgabe „Klimaschutz“ auf ihrem Rücken ausgetragen wird. Sie fühlen
sich von der Politik nicht mehr ernstgenommen.

Als bundesweit größter Verband für das selbstgenutzte Wohneigentum tragen wir die
Klimaziele mit, es gibt keine Alternative. Uns ist bewusst, dass wir vor einer historisch
beispiellosen Aufgabe stehen, wenn wir bis 2045 im Gebäudebereich klimaneutral
sein und dazu beitragen wollen, den menschengemachten Klimawandel mit
all seinen Folgeschäden aufzuhalten.

Die Einführung ordnungsrechtlicher Vorgaben im Bestand ist jedoch ein tiefer Einschnitt,
der, so wie er jetzt Gesetz werden soll, die Menschen nicht mitnimmt. Vielmehr
fühlen sich die Betroffenen angesichts der ökonomischen und gesellschaftlichen
Krisenzeiten überfordert und in die Enge getrieben. Davor warnen wir eindringlich:
So werden Sanierungswillige demotiviert, Skeptikerinnen und Zweifler in eine
Verweigerungshaltung gedrängt.

Unsere Forderungen
Wir fordern, dass Sie vom aktuellen Entwurf zur GEG-Novelle Abstand nehmen und
das Projekt „klimafreundlicher Gebäudebestand“ neu und ganzheitlich aufsetzen. Damit
die Wärmewende im Gebäudebereich gemeinsam gelingen kann, erwarten wir:

  1. Ernstnehmen: Nehmen Sie die selbstnutzenden Wohneigentümer und -eigentümerinnen
    ernst. Sie sind es, die planen, investieren und umsetzen müssen.
    Immobilienbesitzer sind auch Wähler.
  2. Information: Informieren sie über geplante Regelungen und beraten Sie mit
    den Betroffenen und ihren Verbänden: Erforderlich für ein nachvollziehbares
    Gesetz sind klare Strukturen von Adressaten, Regeln und Ausnahmen.
  3. Investitionen fördern: Grundsätzlich muss gefördert werden, was gefordert
    wird. Das gegebene Versprechen „Niemand wird im Stich gelassen“, empfinden
    viele Eigentümerinnen und Eigentümer inzwischen als Hohn. Im bisher
    vorgeschlagenen, nachgebesserten Entwurf der GEG-Novelle, erhalten private
    Eigentümerinnen und Eigentümer mit Durchschnittseinkommen eine geringere
    Förderung als Unternehmen, die die gleichen Sanierungsmaßnahmen
    vornehmen. Eine bessere soziale Unterstützung der geforderten Maßnahmen
    ist seitens des Staats unerlässlich. Es braucht eine einkommensabhängige,
    verlässliche und auskömmliche Förderung für die Menschen mit Wohneigentum
    bis in mittlere Einkommen. Aus diesem Grund ist die vorgesehene Ordnungswidrigkeit
    mit Bußgeld ersatzlos zu streichen.
    Viele, die in den eigenen vier Wänden leben, sind nicht vermögend. Eine aktuelle
    Studie zeigt, dass die Hälfte der Wohneigentümerinnen und –eigentümer
    zu wenig Einkommen hat, um die nötigen Investitionen für die private Wärmewende
    zu stemmen. Viele der betroffenen Haushalte besaßen laut Studie
    2017 ein Vermögen von maximal 30.000 Euro. Es sind aber gerade die Haushalte
    mit wenig Einkommen, die in den energetisch schlecht sanierten Häusern
    leben. Vor allem auf Eigentümerinnen und Eigentümer mit älteren Häusern
    kommen hohe Kosten zu, wenn sie beim Heizungstausch umfangreiche
    Sanierungen vornehmen müssen.
  4. Planung: Für jedes Gebäude sollte ein kostenloser individueller Sanierungsfahrplan
    (iSFP) erstellt werden. Denn mit dem iSFP gibt es ein Instrument, das
    der Heterogenität des Gebäudebestands und der finanziellen Situation von Eigentümern
    gerecht wird. Die Addition verschiedener verordneter Einzelmaßnahmen
    führt weder für das einzelne Haus noch für das Quartier zum optimalen
    Ergebnis, es braucht eine durchdachte Planung unter Berücksichtigung
    der jeweiligen Möglichkeiten. Wichtig für die Entscheidungen von Eigentümern
    sind nicht zuletzt die kommunalen Wärmeplanungen, die beschleunigt werden
    müssen. Es braucht einen ganzheitlichen Blick.
  5. Umsetzbarkeit: Unbedingt erforderlich ist Technologieoffenheit, die nicht nur
    auf dem Papier steht. Hinsichtlich des Heizungstauschs ist – neben der kommunalen
    Wärmeplanung für kostengünstigere Quartierslösungen – alternative
    Heiztechnik einzubeziehen. Wärmepumpen sind generell natürlich dabei, doch
    sollte eine Fokussierung auf eine „Lieblingstechnik“ keinesfalls gesetzlich verordnet
    werden.
  6. Fristen: Die vorgesehenen Fristen für die geplante „65-Prozent-Erneuerbare-
    Regelung“ schon von 2024 an sind absolut realitätsfern, sie müssen ausgesetzt
    werden. So kurzfristig ist eine Umsetzung in der Praxis nicht möglich,
    auch wegen Lieferengpässen bei den vorgesehenen Wärmepumpen und wegen
    fehlender Fachkräfte im Handwerk. Auch Beratungstermine bei Energieberatungen
    sind wegen Überlastung auf Monate kaum zu bekommen, diese
    sind aber wiederum meist Voraussetzung, um eine Förderung beantragen zu
    können. Handwerker können nicht beginnen.
  7. Ergebnisse: Es muss sich zeigen, dass die Maßnahmen effektiv und machbar
    sind. Damit die Betroffenen ihr Geld nicht „verbrennen“, müssen Fehlinvestitionen
    vermieden werden.

Das Erreichen der Klimaziele ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die den Menschen
enorm viel abverlangt. Das kann nur gelingen, wenn Menschen aus Überzeugung
und freien Stücken daran mitwirken.

Aus diesem Grund appellieren wir an Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrter
Herr Minister, die GEG-Novelle neu aufzusetzen und dabei die Möglichkeiten von
selbstnutzenden Wohneigentümern realistisch zu bewerten und zu berücksichtigen.
Dies setzt eine Grundhaltung voraus, die die Wohneigentümer und Wohneigentümerinnen
wertschätzt und das selbstgenutzte Wohneigentum als stabilisierenden, positiven
Faktor in Städten und Gemeinden anerkennt.

Über eine Reaktion in den nächsten 14 Tagen würden wir uns sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Wegner
Präsident Verband Wohneigentum (VWE)“